Inhaltsverzeichnis
- Transalp von einem Traumziel zum anderen
- Strecke
- Nachfahren der Tour
- Prolog
- 1. Tag: Alpiner Aufgalopp im Inntal bis S-charl
- 2. Tag: Königsetappe über den Hauptkamm der Alpen am Pass da Costainas
- 3. Tag: Traumstrecke vom Mendelpass ins Nonstal
- 4. Tag: Hitzeschlacht im Valsugana
- 5. Tag: Zauberhaftes Asolo
- 6. Tag: Auf zum Baden am Lido di Venezia
- Fazit
- Rückreise
- Rückmeldungen
Transalp von einem Traumziel zum anderen
„St. Moritz – Venedig, das klingt schon mal ganz gut!“, sagte meine Frau, als ich ihr meine neuen Pläne für einen leichten Alpencross vorstellte. Nach unseren ersten Erfahrungen mit den Routen Seefeld – Gardasee und München – Verona war sie Feuer und Flamme für diese neue Art des Reisens. Die Alpen aus eigener Kraft zu überqueren, ohne dabei unbedingt sportliche Höchstleistungen vollbringen zu müssen, ist schon ein tolles Gefühl. Dadurch interessant für Simi und sicher für viele andere, die keinen Urlaub von der Stange machen wollen. Im Laufe der Zeit habe ich dann die Teilstrecken recherchiert, bis sich das Puzzle langsam zusammensetzte. Irgendwann „mussten“ wir dann die Strecke gemeinsam fahren, natürlich mit unserem Mountainbike-Tandem. Das hat in einem heißen Sommer geklappt.
Diese Transalp verbindet mit St. Moritz und Venedig zwei Traumziele auf einer Route, die ich nach dem Motto meiner Easy-Transalps ausgetüftelt habe. Das sind landschaftlich schöne, aber fahrtechnisch leichte Routen über die Alpen, die ich gemeinsam mit meiner Frau auf einem Mountainbike-Tandem befahren habe. Wobei bei dieser Strecke interessante Trails vorhanden sind, zum Beispiel im Schweizer Münstertal oder bei der Abfahrt vom Mendelpass ins Nonstal. Im großen Finale erreicht man Venedig von der Seeseite aus, über Jesolo und den Lido di Venezia. Beeindruckender kann eine Transalp kaum enden.
Auch geeignet zur Befahrung mit modernen eMountainbikes!
Strecke
St. Moritz – Samedan – Ardez – Scuol – S-charl – Pass da Costainas – Münstertal – Glurns – Prad – Meran – Kaltern – Mendelpass – Nonstal – Trento – Val Sugana – Bassano del Grappa – Borso del Grappa – Asolo – Treviso – Portegrandi – Lido di Venezia – Venedig
Länge: ca. 534 km (ohne Mendelbahn und Fähren)
Höhenmeter: ca. 3.800 hm + 800 hm mit der Mendelbahn
Etappen: 6, Hinweise zu Varianten siehe bei den einzelnen Etappen
Beste Reisezeit: wenn der Schnee von den hohen Pässen über 2000 m verschwunden ist und es im Herbst noch nicht wieder geschneit hat – also erfahrungsgemäß ab Mitte/Ende Juni bis in den September hinein. Im Vorfeld und unterwegs heißt es, sich rechtzeitig zu erkundigen und immer die aktuelle Wettersituation im Auge zu behalten.
Übersichtskarte
schwarz: Hauptroute
rot: Nebenrouten
blau: Fähre
Höhenprofil
Wegeverteilung
Übersicht Etappen der Hauptroute
Prolog: 9 km, 120 hm
Pontresina – Stazer See – St. Moritz
1. Tag: 76,2 km, 1072 hm
St. Moritz – Zernez – Susch – Lavin – Ardez – Scuol – S-charl
2. Tag: 99,7 km, 775 hm
S-charl – Alp Astras – Pass da Costainas – Lü – Tschierv – Müstair – Laatsch – Glurns – Prad – Latsch – Naturns – Meran
3. Tag: 102 km, 750 hm
Meran – Frangart – Kaltern – Mendelbahn – Mendelpass – Cavareno – San Romedio – Coredo – Nonstal – San Michele – Lavis – Trento
Mendelbahn: von Kaltern zum Mendelpass – 800 hm und 2,5 km
4. Tag: 106 km, 793 hm
Trento – Civezzano – Pergine – Lago di Caldonazzo – Borgo Valsugana – Valstagna – Bassano del Grappa – Borso del Grappa
Tipp: mit Regionalzug von Trento nach Pergine (dann 91 km und 400 hm)
5. Tag: 70 km, 277 hm
Borso del Grappa – Asolo – Spineda – Castelfranco Veneto – Radweg Ostiglia-Treviso – Quinto di Treviso – Treviso
6. Tag: 79 km, 33 hm
Treviso – Casier – Casale sul Sile – Quarto d’Altino – Portegrandi – Jesolo – Punta Sabbioni
weiter mit Fähre nach Lido di Venezia – Fähre nach Tronchetto – Venedig
Nachfahren der Tour
Wenn ihr die Tour individuell nachfahren wollt, ist folgendes verfügbar im Webshop
- GPS-Tracks
- Kartenscans
- Finisher Bikeshirt
Landkarten
Kompass: Digitale Karte Über die Alpen, Schweiz 3D,
Wanderkarten – WK: 52, 53, 07273, 75, 76, 78, 95, 98, 99
Belletti Editore: Maßstab 1:50.000
Belletti V215: Bassano e il Grappa, erhältlich bei MapFox.de
Belletti V222: Treviso ed il Piave, erhältlich bei MapFox.de
Belletti V216: Laguna Veneta, erhältlich bei MapFox.de
Hinweis: zwischen Castelfranco Veneto und Piombino Dese wird ein Teilbereich nicht von den Belletti-Karten abgedeckt. Das ist allerdings kein Problem, da dort die Route auf klar definierten und gut ausgeschilderten Radwegen verläuft.
Übersichtskarte: Kompass – Straßenkarte 358 Tirol – Trentino ISBN: 3-85491-853-4
Kompass – Straßenkarte (1:500.000): 350: Alpen
Karte bei Amazon bzw. MapFox bestellen durch Klicken auf die jeweilige Nummer
Tourplanung: Andreas Albrecht
gefahren von: Andreas Albrecht, Simone Albrecht
gefahren mit: MTB-Tandem Cannondale 800 MT, Baujahr 2010 (das letzte Jahr, in dem Cannondale 26er Tandems produziert hat)
gekauft beim Spezialisten rad & tour; Tel. 036252 / 31450, Schmalkalder Straße 144 – D-99897 Tambach-Dietharz
Prolog
Denn das Leben, das wir führen wollen, das könn‘ wir selber wählen.
Julia Engelmann (*1992)
Youtube Timeline: 5:18
Eine wichtige Rolle spielte bei meinen Planungen der Aspekt, den logistischen Aufwand in Grenzen zu halten, egal ob man mit dem Auto oder mit der Bahn anreist. Sowohl St. Moritz als auch Venedig sind mit der Bahn gut zu erreichen. Durch meine Tourrecherchen in Alta Rezia bin ich auf Pontresina als Anreiseort gestoßen. Wir haben zum Auftakt zwei Nächte im Hotel Palü gebucht und sind als Prolog die schöne kleine Strecke über den Stazer See nach St. Moritz gefahren.
Strecke: 9 km, 120 hm
Pontresina – Stazer See – St. Moritz
- 17 %: Straße
- 46 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 37 %: Feldweg, Schotter
- 0 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 00-SMoVe.gpx
- siehe auch Karte am 1. Tag
Wir haben ein Schönwetterfenster abgepasst und sind mit gewohnt leichtem Gepäck in St. Moritz losgefahren. Das Auto haben wir von Transalp-Shuttle.com an den Monte Grappa überführen lassen zum Hotel Garden Relais in Borso del Grappa. Dort haben wir einen Tag zum Relaxen eingeschoben und dabei den Gleitschirmfliegern zugesehen, die direkt auf der Wiese neben dem Hotel landen.
In der Hitze der Venetischen Ebene hatten wir nun Wechselsachen für die letzten beiden Etappen, auf denen wir ohne nennenswertem Gepäck unterwegs sein konnten. Von Venedig kommt man mit der Bahn bequem zurück nach Borso del Grappa. Genauso gut kann man das Auto in Pontresina stehen lassen und sich Wechselsachen ins Hotel nach Borso del Grappa schicken lassen. Zurück geht es mit einem Shuttleservice oder mit dem Zug. Wenn man bereit ist, Transfers mit öffentlichen Verkehrsmitteln als Teil der Reise zu begreifen, ergibt das einen zusätzlichen Erlebniswert. Viele werden dadurch erstmalig erfahren, dass es ein Leben auch ohne Auto gibt.
Bei unserer Recherche im Engadin sind wir ein paar Touren gefahren, die in meinem Alta Rezia Bikeguide beschrieben sind.
Klappentext Transalp Roadbook 14
Diese Transalp verbindet mit St. Moritz und Venedig zwei Traumziele auf einer Route, die Andreas Albrecht nach dem Motto seiner Easy-Transalps ausgetüftelt hat. Das sind landschaftlich schöne, aber fahrtechnisch leichte Routen über die Alpen, die er gemeinsam mit seiner Frau auf einem Mountainbike-Tandem befährt. Wobei bei dieser Strecke interessante Trails vorhanden sind, zum Beispiel im Schweizer Münstertal oder bei der Abfahrt vom Mendelpass ins Nonstal.
Im großen Finale erreicht diese Transalp Venedig von der Seeseite aus, über Jesolo und den Lido di Venezia. Beeindruckender kann diese Transalp kaum enden.
Das Buch enthält Höhenprofile, Übersichtskarten und detaillierte Roadbooks in Tabellenform mit allen wichtigen Informationen zur Strecke.
Ebenfalls erhältlich als eBook – mehr Info hier
1. Tag: Alpiner Aufgalopp im Inntal bis S-charl
Strecke: 76,2 km, 1072 hm
St. Moritz – Zernez – Susch – Lavin – Ardez – Scuol – S-charl
- 29 %: Straße
- 26 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 45 %: Feldweg, Schotter
- 0 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 01-SMoVe.gpx
siehe auch Variante: Hinweise weiter unten, eingezeichnet auf Übersichtskarte
- GPS-Track: 01-var-Lavin.gpx
Übersichtskarte
schwarz: Hauptroute
rot: Nebenrouten
Richtig los geht es in St. Moritz. Die Strecke kenne ich komplett und bin sie mehrfach allein abgefahren, damit es keine bösen Überraschungen gibt. Offizieller Startpunkt ist für uns die Stelle, wo der Inn in den überschaubaren See von St. Moritz fließt. Ein Radweg verläuft am Nordufer entlang, ehe es mit einer kleinen Abfahrt hinab ins breite Inntal bei Samedan geht.
Hier ist auf dem Innradweg viel los. Das ist eine Folge aus den Anstrengungen der Region Oberengadin/St. Moritz, ihr touristisches Potenzial ins Bewusstsein der Radler aller Art zu bringen. Jeder Radfahrer findet seine passende Strecke.
Nach dem Passieren von S-chanf, dem Zielort des legendären Engadiner Skimarathons, wird es ruhiger auf der Strecke. Der Innradweg wird zunehmend grober und nimmt in den Seitentälern einige Gegenanstiege mit.
Das ist nichts für den klassischen Donauradwegfahrer. Diese Spezies überholen wir einige Male, obwohl wenn unser Tempo eher gemächlich ist. Auf dünnen Reifen und mit überdimensioniertem Gepäck fährt es sich auf Schotterpisten eben nicht so gut. Wir sind, wie gewohnt, mit extrem leichtem Gepäck unterwegs, im Vertrauen darauf, dass uns das stabile Sommerhoch nicht im Stich lässt. Das soll in den nächsten Tagen unser Begleiter bleiben – mit ständig ansteigenden Temperaturen.
Doch im hochgelegenen Inntal ist es heute am Morgen noch recht frisch, findet Simi, und zieht sich erst einmal eine Jacke an. Bis S-chanf sind wir zügig gerollt, dann beginnen die ersten Gegenanstiege. Wir folgen über Zernez, Susch bis Lavin dem Innradweg, der hier sehr abwechslungsreich verläuft und nach meinem Gefühl stimmig ist.
In Lavin endet die Schönheit des Innradweges, wie mir viele Radler bestätigt hatten, mit denen ich mich auf meinen Recherchetouren ausgetauscht hatte. Im Wesentlichen gibt es zwischen Lavin und Scuol für Radfahrer drei Möglichkeiten. Die hatte ich im Vorfeld alle ausgiebig getestet.
- Straße zwischen Ardez und Scuol
Ohne nennenswerte Gegenanstiege rollt es sich leicht bis Ardez. Ab hier rasante Abfahrt nach Scuol. Am alten Grandhotel wechselt man auf die alte Straße und ist den Verkehr wieder los. - Schotterpiste zwischen Lavin und Ardez südlich der Innschlucht
Diese Variante hatte ich bei meiner ersten Recherchetour ausprobiert: Ich finde sie recht stimmig, obwohl wenn man vor Ardez in die Schlucht hinunter muss und dann einen Gegenanstieg von ca. 100 Höhenmetern bis Ardez hat. Ab Ardez weiter wie bei 1. beschrieben.
GPS-Track: 01-var-Lavin.gpx - offizieller Innradweg über Bosca, Ardez und Ftan
Dabei macht man auf ca. 20 km Strecke zwischen Lavin und Scuol ca. 700 Höhenmeter. Der Sinn dieser Streckenführung erschließt sich mir nicht.
Wir entscheiden uns nach einer ausgiebigen Pause in Lavin auf dem Balkon des Cafe Giacometti für die leichte erste Variante. Die zweite Variante ist auf folgendem Kartenausschnitt dokumentiert. Die dritte Möglichkeit dokumentiere ich nicht, weil sie nach meiner betont subjektiven Einschätzung ein Beispiel für eine nicht besonders gelungene Trassierung eines Radweges ist. Wer diese Variante fahren will, findet den gut ausgeschilderten Weg problemlos.
Wir erreichen Scuol am frühen Nachmittag und haben ausreichend Zeit für den finalen Anstieg nach S-charl.
Simis Stärke ist nicht unbedingt das Bergauffahren. So brauchen wir für die rund 600 hm von Scuol nach S-charl mehr Zeit, als ich es von meinen Transalps mit dem Solorad gewöhnt bin. Das ist uns egal. Wir haben Zeit und nehmen sie uns für diverse Fotopausen. Die erste an der spektakulären Brücke über den Inn in Scuol.
Die nächste bei der Auffahrt, wo die Radstrecke den Tunnel außen umfährt. Am Val Minger wird die Strecke flacher und wir erreichen schließlich S-charl.
Geschafft! Am Dorfbrunnen erfrischen wir uns, trinken das klare Wasser und lassen es uns über Kopf und Arme laufen.
Gleich daneben liegt das gut von Bikern frequentierte Hotel. Wir checken im Gasthaus Crusch Alba ein, wechseln unsere Kleidung und genießen den Rest des Tages mit Faulenzen im Garten.
Variante: Lavin – Ardez auf Schotter südlich des Inn
An der Holzbrücke über den Inn fährt man geradeaus auf dem Wanderweg 442, der über Sur En nach Ardez verläuft. Das ist eine schöne Schotterpiste, die zunächst hoch über dem Inn verläuft. Nach dem Weiler Sur En senkt sich die Piste hinab zum Inn. Die verlorenen Höhenmeter muss man sich hinauf nach Ardez wieder erarbeiten.
- GPS-Track: 01-var-Lavin.gpx
Alternativen, Shuttle:
Zwischen St. Moritz und Scuol kann man Teilstrecken mit der Rhätischen Bahn absolvieren. Von Scuol nach S-charl verkehrt ein Postbus, der Fahrräder mitnimmt.
Übernachtungstipp
- Hotel Crusch Alba 7550 S-charl – Schweiz – Tel +4181 864 14 05
2. Tag: Königsetappe über den Hauptkamm der Alpen am Pass da Costainas
Strecke: 99,7 km, 775 hm
S-charl – Alp Astras – Pass da Costainas – Lü – Tschierv – Müstair – Laatsch – Glurns – Prad – Latsch – Naturns – Meran
- 6 %: Straße
- 56 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 31 %: Feldweg, Schotter
- 7 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 02-SMoVe.gpx
siehe auch Variante: Hinweise weiter unten mit separater Übersichtskarte
- GPS-Track: 02-var-StaMaria.gpx
Übersichtskarte
schwarz: Hauptroute
rot: Nebenrouten
Ohne zu hetzen brechen wir zeitig am Morgen auf. Die Sonne beleuchtet schon die Bergspitzen. Die Luft ist klar und frisch. Ab S-charl geht es fast immer mit einer angenehmen Steigung stetig bergauf.
Das Hochtal kann man als lieblich bezeichnen. Eine der schönsten Passübergänge in den Alpen liegt vor uns.
Ein Bach murmelt entlang des Weges. Jeden Moment könnte Old Shatterhand um die Ecke geritten kommen.
Nach der Überquerung des Baches kommt ein kurzer steiler Anstieg. Hier steigt Simi ab und läuft, ich fahre das Tandem ein Stück allein.
Nach fünf Minuten sind wir wieder vereint.
Das Hochtal öffnet sich hin zur Alp Astras. Bis dahin geht es locker und zügig.
Die Wiese nach der Alp Astras ist mit dem Tandem für uns nicht fahrbar und auch das erste Stück des Trails, der durch den Krüppelkieferwald führt. Dann wird der Weg breiter und wir können wieder auf dem Tandem rollen.
Es ist nicht mehr weit bis zum Pass da Costainas. Mit 2251 Metern ist das der höchste Punkt, den wir bis dahin offroad und mit dem Tandem erreicht haben. Wir sind doch tatsächlich allein. Ich habe hier schon wahre Völkerwanderungen erlebt.
So mühen wir uns mit dem obligatorischen Gipfelfoto etwas ab. Fotos zu schießen ist auf der gesamten Tour die schwierigste Übung. Wir haben extra ein Stativ dabei. Das Auf- und Abbauen dauert zwar etwas, ist aber immer noch effektiver, als wenn man einen zufällig Vorbeikommenden bittet, ein Foto zu machen. Das geht in den allermeisten Fällen daneben. So dauert es eine Weile, bis wir die richtige Pose getroffen haben. Nach dem Gipfelfoto geht es weiter, die Abfahrt ist zunächst ein Wiesenweg. Der ist einfach zu fahren.
Dann folgt ein Abschnitt auf grobem Schotter mit einigen steilen Stellen. Mit dem Tandem müssen wir etwas vorsichtiger manövrieren, als ich es vom normalen Mountainbike her gewohnt bin. Wir sind ein eingespieltes Team und schaffen die Passage.
Die Alp Champatsch liegt zwar nicht direkt am Weg ins Münstertal. Ein kleiner Abstecher dorthin ist es jedoch wert, um eine Pause einzulegen. Prachtvoll breitet sich das Panorama der umliegenden Berge vor uns aus. Frisch gestärkt machen wir uns auf den Weg. Die Schotterabfahrt nach Lü ist rasant. Als wir aus dem Wald herauskommen, ist der Ortler mit seiner schneebedeckten Haube glasklar zu sehen.
In Lü machen wir Halt am Gasthof Hirschen. „Mama Lü“ will gar nicht glauben, dass wir beide mit dem Tandem auf Transalp unterwegs sind. Sie zeigt uns stolz das Gästebuch mit den vielen Eintragungen der Transalpler, die auf meiner Albrecht-Route hier Station gemacht haben. Mittlerweile ist sie weltweit ein Begriff; die weiteste Anreise hatte ein Australier.
Wir bleiben bei der Weiterfahrt ins Münstertal zunächst auf meiner Route. Erst in Runca, wo sonst die Auffahrt ins Val Mora beginnt, wechseln wir auf eine neue Strecke. Wir wollen dem Münstertal abwärts folgen, um ins Vinschgau zu gelangen. Das kann komplett abseits der Straße erfolgen. Mit dem Tandem lassen sich durchaus Trails fahren. Es gibt einen schönen Trail entlang des Wildbaches „Rambach“. Wir folgen dem Pfad ab Runca und schleichen uns so an der Ortslage von Sta. Maria vorbei. Müstair passieren wir am Rand.
Die Grenze nach Südtirol überqueren wir auf dem Pfad, der seit ein paar Jahren hergerichtet wurde und seitdem fahrbar ist.
Schließlich folgt die schnelle Abfahrt auf dem Forstweg ins Vinschgau. Bei Laatsch stoßen wir auf den Vinschgau-Radweg. Diesem folgen wir zunächst bis Glurns.
Da uns hier der weitere Weg bekannt ist, u. a. von unserer Sissi-Transalp, probieren wir etwas Neues aus. In Richtung Prad befahren wir einen schönen Forstweg, der über Lichtenberg verläuft.
In Prad treffen wir dann auf den Vinschgau-Radweg. Am schönsten ist die Schluchtstrecke zwischen Laas und Göflan. Da haben wir bei unserer ersten Tandem Transalp auch Rast gemacht.
Weiter geht es durch die Apfelplantagen bis nach Latsch.
Danach zieht sich der Weg etwas hin, zumal wenn Gegenwind herrscht. Diesen bringt die Thermik in Gebirgstälern oft hervor.
Die Mühe ist vergessen, als uns dann Meran zu Füßen liegt.
Die Hitze flirrt, nichts wie ab ins Quartier, duschen und erst am Abend zum Stadtbummel wieder los.
Variante: Runca – Sta. Maria
Wem der Sinn nicht nach Trails steht, kann ab Runca recht zügig das Tal hinab rollen. Damit das nicht gleich auf der Straße geschieht, gibt es zwischen Runca und Valchava einen pfeilgeraden Wirtschaftsweg durch die Wiesen. Danach wechselt man auf die Straße und rollt durch Sta. Maria hindurch. Ca. 1 km nach dem Ortsteil Sielva stößt man wieder auf die Hauptroute.
- GPS-Track: 02-var-StaMaria.gpx
Alternativen
Ab Lü einfach die Straße hinunter rollen in Richtung Ofenpassstraße. Dort links bergab durch Valchava und Sta. Maria.
Übernachtungstipps Meran
- Gästehaus Rieder, Verdistraße 54, 39012 Meran (BZ), Italien, Tel. +39-0473-446107, www.haus-rieder.com
- Liegt sehr ruhig in einen wunderschönen parkähnlichem Grundstück unterhalb der Tappeiner-Promenade. Das Zentrum von Meran ist auf ebenem Weg fußläufig zu erreichen.
- Hotel FLORA, XXX-Aprilstr. 2, 39012 Meran (BZ), Tel. +39-0473-448335, www.hotelsmerano.it/de/hotel-flora-meran
3. Tag: Traumstrecke vom Mendelpass ins Nonstal
Strecke: ca. 102 km, ca. 740 hm
Meran – Frangart – Kaltern – Mendelbahn – Mendelpass – Ruffre – Amblar – Don – San Romedio – Coredo – Nonstal – San Michele – Lavis – Trento
dabei mit Mendelbahn: von Kaltern zum Mendelpass
- 10 %: Straße
- 78 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 7 %: Feldweg, Schotter
- 5 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 03-SMoVe.gpx
siehe auch Varianten: Hinweise weiter unten, eingezeichnet auf Übersichtskarte
- GPS-Track: 03-var-Eisloch.gpx
- GPS-Track: 03-var-Nonstal.gpx
Übersichtskarte
schwarz: Hauptroute
rot: Nebenrouten
Die Etappe Meran-Trento könnte dieselbe sein wie bei der Sissi-Transalp. Doch danach steht uns nicht der Sinn, ein wenig Abwechslung soll schon sein. Bei einem Bikeurlaub hatten wir einen schönen Trail vom Mendelpass ins Nonstal entdeckt – den wollen wir in diese Transalp einbauen. Die Flachstrecke zwischen Meran und Frangart fährt sich am Morgen sehr angenehm. Der leichte Fahrtwind kühlt tatsächlich. Wärmer wird uns dann auf dem Radweg, der auf der alten Bahntrasse hinauf nach Kaltern verläuft. Bei St. Michael besteht die Chance, ein überraschendes Naturphänomen als Variante in die Route einzubauen.
Die Eislöcher tragen ihren Namen zu Recht. In einer Bodensenke am Fuß von Porphyrfelsen herrschen im Sommer wie Winter die gleichen Temperaturen von ca. null bis neun Grad Celsius.
Im Hochsommer ist es ein tolles Erlebnis, von einen Meter auf den anderen plötzlich eine Abkühlung zu erfahren, als ob man in einen Eiskeller geht. Wenn man diese Variante in die Strecke einbauen will, muss man in St. Michael abbiegen und ein etwas steileres Stück bergauf fahren. Entweder geht es auf gleichem Weg zurück zur Hauptroute oder man nimmt von den Eislöchern eine kurze Schiebe- und Tragepassage (ca. 30 Höhenmeter) zur Mendelpassstraße in Kauf. Von dort führt ein direkter Weg zur Talstation der Mendelbahn, die wir für unseren Aufstieg gern nutzen. Puristen meinen zwar, man müsste bei einer Transalp jeden Höhenmeter selbst gefahren sein; das ist uns aber völlig egal, zumal die Fahrt mit der Mendelbahn ein Erlebnis für sich ist.
Unser Tandem geht geradeso hinein und flugs sind wir oben am Mendelpass.
Der Mendelpass war zu Zeiten der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie ein beliebter Ort der Sommerfrische für die betuchte Gesellschaft. Heute ist der Mendelpass ein Ausflugsziel für Touristen aller Art. Dazu gehören auch Motorradfahrer. Ein Grund, die bergaufführende Passstraße zu meiden.
Bergab haben wir mit der Straße nichts zu tun. Abwärts führt ein Radweg nach Ruffrè, gefolgt von einem sensationellen Trail. Nahezu höhengleich verläuft der in Richtung Cavareno.
Bei guter Sicht erhascht man einen Blick auf die Brenta-Gruppe.
Der markante Bergstock zwischen Andalo und Madonna di Campiglio gilt als die Wiege des Alpinismus. Bei den ersten Häusern von Cavareno halten wir uns links und erreichen bei einer Wasserstelle einen schönen Waldtrail, der uns am Ortsende auf die Verbindungsstraße nach Don ausspuckt. Dort herrscht kaum Verkehr, außerdem gibt es einen straßenbegleitenden Radweg.
Im kleinen Dorf Don rasten wir im Schatten bei einer Bar, die am Wegesrand auftaucht. Das macht das Radfahren in Italien so angenehm, eine kleine Bar mit kalten Getränken und kleinen Snacks gibt es fast in jedem noch so kleinen Ort. Entspannt radeln wir weiter. Wir kennen die Strecke schon und freuen uns auf den Mix aus Schotterpiste und Trails bis zur Wallfahrtskirche San Romedio.
Auf diese Strecke sind wir gestoßen, als wir in einem Urlaub aufs Geradewohl das Nonstal erkundet hatten. Uns war damals gleich klar, dass wir diese Passage in eine Transalp einbauen wollten. Der einzige Wermutstropfen ist, aus dem Nonstal mit dem Fahrrad wieder herauszukommen.
Will man vielbefahrene Straßen vermeiden, bleibt einem nichts anderes übrig, als von San Romedio aus die Schotterpiste nach Coredo zu fahren. Die geht zunächst stramm bergauf bis man die beiden Stauseen Lago di Tavon und Lago di Coredo erreicht. Von dort gibt es auf halber Bergeshöhe eine abwechslungsreiche Querverbindung in Richtung des Übergangs des Nonstals ins Etschtal.
Ab Mollaro kann man einen Radweg benutzen. Der geht kurz vor Sabino in eine wenig befahrene Nebenstraße über, da der Hauptverkehr auf der Schnellstraße unterwegs ist. Ab hier bläst die Thermik meist wie eine Düse und beschert straffen Gegenwind. Die Orientierung am großen Kreisel, der als Verteiler für den Autoverkehr ins Nonstal/Val di Sole bzw. Andalo dient, ist nicht ganz einfach. Man muss die Gegenspur überqueren, um hinter einer Schranke auf den alten Weg zu gelangen, der in Richtung Mezzocorona führt. Dort stößt man auf den Etschradweg, der einen dann über Lavis nach Trento führt. Hier beenden wir die Etappe. Wir hatten dort auf unserer Sissi-Transalp ein kleines klimatisiertes Hotel im Vorort Vela entdeckt. Das steuern wir ohne Umschweife an. Es herrscht eine Bruthitze und wir warten die Abendstunden für einen Bummel durch die schöne Altstadt von Trient ab.
Variante: Eislöcher bei Kaltern
siehe die Beschreibung weiter vorn im Bericht
- GPS-Track: 03-var-Eisloch.gpx
Variante Nonstal leicht: Straße von San Romedio bis Mollaro
Vom Parkplatz San Romedio dort weiter auf Straße bis Dermulo. Von dort zunächst auf der teils stark befahrenen Straße SS 43 in Richtung Taio. Beim nächsten Kreisel geht es auf Nebenwegen weiter über Segno zum Bahnhof Mollaro. Hier trifft man wieder auf die Hauptroute.
- GPS-Track: 03-var-Nonstal.gpx
Alternative Fortführung der Transalp an den Gardasee
Im Nonstal kann man am Kreisel und Parkplatz „La Rocchetta“ auf die Strecke der eMTB-Transalp Brenner – Bozen – Gardasee wechseln. Siehe dort den Bericht am 5. Tag.
Alternative: Regionalbahn
Ab Dermulo mit Regionalbahn in Richtung Trento. Der Zustieg ist auf verschiedenen Stationen unterwegs möglich.
Wer auf die Übernachtung in Trento keinen Wert legt, kann gleich mit dem Regionalzug von Trento ins Valsugana fahren und sich eine Unterkunft am Lago di Caldonazzo suchen. Im heißen Hochsommer gibt es dann die Möglichkeit eines erfrischenden abendlichen Bades im See.
Alternative: von Kaltern zum Etschradweg
Wer keinen Wert auf die Passage über den Mendelpass legt, kann ab Kaltern der ausgeschilderten Radroute in Richtung Auer zum Etsch-Radweg folgen. In Grumo (bei Mezzocorona) erreicht man dann wieder die Route der Transalp St. Moritz – Venedig. Wird ähnlich auch bei der Sissi-Transalp beschrieben.
Übernachtungstipp
- Hotel Vela: Via Santi Cosma e Damiano, 21/4 38121 Trento-Vela, Tel: 0039-0461-827200 www.hotelvela.com
4. Tag: Hitzeschlacht im Valsugana
Strecke: 106 km, 793 hm
Trento – Civezzano – Pergine – Lago di Caldonazzo – Borgo Valsugana – Valstagna – Bassano del Grappa – Borso del Grappa
- 28 %: Straße
- 65 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 5 %: Feldweg, Schotter
- 1 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 04-SMoVe.gpx
siehe auch Variante: Hinweise weiter unten, eingezeichnet auf Übersichtskarte
- GPS-Track: 04-var-Valstagna.gpx
Übersichtskarte
schwarz: Hauptroute
rot: Nebenrouten
Wir stellen uns an diesem Tag auf die Hitzeschlacht ein. Im Hotel Vela gibt es schon sehr zeitig Frühstück. Das nutzen wir und brechen früh auf. So umgehen wir beim morgendlichen Anstieg ins Valsugana die größte Hitze.
Ab Pergine wird es flacher und wir sind rasch am Lago di Caldonazzo. Wir passieren mehrere öffentliche Badestellen und springen bei einer kurz ins Wasser; das tut gut. Die Pause fällt aber nur kurz aus. Es liegt noch eine ordentliche Strecke vor uns.
Der Radweg in Valsugana erlaubt zügiges Vorankommen.
Besonders schön ist die Schluchtstrecke zwischen Primolano und Piovega.
Ab Valstagna wird es etwas öde, da hier die Radroute auf Nebenstraßen verläuft. Historische Villen würzen die Strecke.
Ich hatte von Bassano del Grappa ausgehend eine Alternative am Uferweg der Brenta ausgekundschaftet. Die nehmen wir nun ins Visier und erreichen die berühmte überdachte Ponte degli Alpini (auch Ponte Vecchio genannt) von der Uferseite aus. Es ist ein langer Tag gewesen und die Sonne steht schon tief, das gibt eine schöne Stimmung auf den Fotos.
Unser Tagesziel ist Borso del Grappa und liegt noch ca. acht Kilometer entfernt. Dort hatte ich im für Radler bestens geeigneten Hotel „Garden Relais“ zwei Übernachtungen reserviert. Wir wollen uns einen Ruhetag gönnen. Außerdem soll unser Auto von St. Moritz hierher überführt werden. Das erledigt Transalp-Shuttle.com höchst professionell. Wir hatten unterwegs schon immer per SMS den aktuellen Stand mitgeteilt bekommen. Alles klappt reibungslos. Unser Auto steht auf dem Parkplatz. Wir haben Wechselkleidung und genießen unser kühles Zimmer. Am Abend ist es draußen noch so heiß, dass wir es vorziehen, im klimatisierten Restaurant zu speisen.
Ruhetag
Den Ruhetag verbringen wir nach einem ausgiebigen Frühstück mit einer nochmaligen Stippvisite in Bassano del Grappa.
Wir besichtigen das Grappa-Museum.
Nach der Rückkehr kühlen wir uns im Badebereich des Hotels ab. Dabei schauen wir den Gleitschirmfliegern zu, die in großer Zahl auf der Wiese direkt neben dem Hotel landen.
Variante: Via Claudia zwischen Straße Valstagna – Bassano del Grappa
Die offizielle Radroute der Via Claudia verläuft ab Valstagna komplett auf der Nebenstraße. Die ist zwar in der Regel wenig befahren, aber nach meinem Empfinden etwas öde. Deshalb habe ich bei dieser etwas schnelleren Straßenvariante bei Sant‘ Eusebio einen schönen Weg abseits der Straße gesucht und gefunden. Bei Fontanelle trifft er auf die Hauptroute. Diese Straßenvariante trifft mehrmals auf die Hauptroute, so dass man flexibel hin und her wechseln kann.
- GPS-Track: 04-var-Valstagna.gpx
Alternative
Tipp: mit Regionalzug von Trento nach Pergine (dann 91 km und 400 hm)
Übernachtungstipps und Tipps für einen Ruhetag
- Hotel Garden Relais – Via Caose, 22 – 31030 Borso del Grappa (TV) – Tel.: 003- 0423-910858
- Ausflugstipp: Besuch des Grappa-Museums in 36060 Schiavon – Via Marconi 6, ca. 12 km von Bassano del Grappa entfernt, Tel.: 0039-0444-665775 www.grappa.com
- Tipp Abendessen: Locando Monte Grappa (besonders zu empfehlen ist das riesige Vorspeisenbüfett), Via Montegrappa, 2 – 31030 – Borso Del Grappa Tel : 0039-0423-561113 www.locandamontegrappa.it
5. Tag: Zauberhaftes Asolo
Strecke: 70 km, 277 hm
Borso del Grappa – Asolo – Spineda – Castelfranco Veneto – Radweg Ostiglia-Treviso – Quinto di Treviso – Treviso
- 11 %: Straße
- 48 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 40 %: Feldweg, Schotter
- 1 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 05-SMoVe.gpx
Übersichtskarte
schwarz: Hauptroute
rot: Nebenrouten
Wir haben die Alpen am Monte Grappa hinter uns gelassen.
Vor uns liegt nur noch die große Ebene, die wir bis zur Lagune von Venedig durchstreifen werden. Zu Beginn der heutigen Etappe gibt es doch noch eine kleine, lohnende Bergwertung. Das entzückende, mittelalterliche Städtchen Asolo liegt auf einem Hügel. Das schaffen wir noch am Morgen, ehe gegen Mittag die große Hitze beginnt. Die Strecke hatte ich bei einer Erkundung der Bikeregion um den Monte Grappa schon gefunden, so dass wir mit der Wegsuche keine Zeit vertrödeln.
Zunächst fahren wir parallel zum Monte Grappa auf Feldwegen in Richtung Asolo. Diese Schotterpisten nennen sich „strada bianca“ – die weißen Straßen, da der feine Schotter im trockenen Zustand fast weiß erscheint. Schließlich gelangen wir an den Fuß des Hügels, auf dem Asolo liegt.
Asolo ist ein bezauberndes, kleines Städtchen, dessen besondere Atmosphäre schon seit Jahrhunderten viele Menschen und Künstler aus aller Welt angezogen hat. Es ist lohnenswert, sich Zeit zu nehmen und durch den Ortskern zu flanieren – manche nennen das „Asolieren“.
Wir schieben unser Tandem den kurzen steilen Stich hinauf zum Castello della Regina Cornaro. Mit einem Panoramablick auf den Monte Grappa verabschieden wir uns von der letzten größeren Erhebung auf dieser Transalp.
Bei der Abfahrt findet sich tatsächlich noch eine Schotterpiste mit einem Hauch von Trail, der uns nach Casella d’Asolo bringt. Wir müssen nur noch eine Hauptstraße überqueren und tauchen in das landwirtschaftlich geprägte Flachland ein.
Kleine Sträßchen verbinden einzelne Gehöfte und Ansiedlungen. Nennenswerten Verkehr erleben wir nicht. In Spineda erreichen wir dann einen feingeschotterten Radweg entlang des Flusses Muson, der gerade wenig Wasser führt. Angenehm sind die vielen schattigen Abschnitte. Der Radweg passiert Castelfranco Veneto und führt auf ein paar Kilometern exakt in südliche Richtung, ehe ein weiterer Radweg links in Richtung Treviso abbiegt. Dieser verläuft schnurgerade auf der Via Ostiglia und ist zu weiten Teilen von Bäumen begrenzt, die Schatten spenden. Leider wird das sanfte Dahinrollen immer wieder gebremst von monströsen Pollern aus dicken Baumstämmen. Diese sollen die Radler vor den vermeintlichen Gefahren schützen, die selbst von kleinsten kreuzenden Feldwegen ausgehen könnten. Man merkt deutlich, dass die Planer solcher Radwege keine Radfahrer sind und die Spezies der Radfahrer offensichtlich für vollkommen verkehrsuntüchtige Idioten halten. Damals endete der Radweg bei Quinto di Treviso. Inzwischen verläuft der Radweg durchgängig bis Treviso und ist von uns erneut mit einem Tandem befahren worden.
Treviso ist von Kanälen durchzogen und erinnert dadurch ein wenig an Venedig. In Treviso finden wir eine einfache Unterkunft in der Herberge des Centro della Famiglia, die von der Kirche betrieben wird. Zum Glück ist unser Zimmer klimatisiert. Die Herberge liegt mitten im Zentrum, so dass wir am Abend das lebendige Treviso noch zu Fuß durchstreifen.
Eine schöne Stadt ohne die Auswüchse des Massentourismus, wie sie in Venedig herrschen.
Alternative
von Castelfranco Veneto mit dem Regionalzug nach Treviso
Übernachtungstipps
- AVOGARI B&B, Via Avogari, 19, 31100 Treviso, TV, Italien, Tel.: +39 0422 56513
- Hotel Carlton, Largo Porta Altinia, 15, 31100 Treviso TV, Italien, Tel.: +39 0422 411661
6. Tag: Auf zum Baden am Lido di Venezia
Strecke: 74,8 km, 66 hm
Treviso – Casier – Casale sul Sile – Quarto d‘Altino – Portegrandi – Jesolo – Punta Sabbioni
- 11 %: Straße
- 31 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 48 %: Feldweg, Schotter
- 10 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 06-SMoVe.gpx (bis Punta Sabbioni)
- mit Autofähre nach Lido di Venezia:
GPS-Track: 06b-Ferry-PuntaSabbioni-LidoVenezia.gpx (informativ) - Radstrecke auf Lido di Venezia zur Autofähre nach Tronchetto: ca. 2,5 km
GPS-Track: 06c-Lido-di-Venezia-per-Rad.gpx - Autofähre von Lido di Venezia nach Tronchetto – Venedig
GPS-Track: 06d-Ferry-LidoVenezia-Tronchetto.gpx (informativ) - Radstrecke von Tronchetto zum Bahnhof Venedig: ca. 2,3 km
GPS-Track: 06e-Tronchetto-Venedig-Bhf-per-Rad.gpx - siehe dazu Detailkarte Venedig
siehe auch Variante ab Quarto d’Altino über Mestre nach Venedig: Hinweise weiter unten, eingezeichnet auf Übersichtskarte und Detailkarte Venedig
- GPS-Track: 06-var-Mestre.gpx
Übersichtskarte
schwarz: Hauptroute
rot: Nebenrouten
blau: Fähre
magenta: temporäre Umleitung
Detailkarte Venedig
reine Radstrecke: ca. 78 km
Wir brechen am Morgen so zeitig auf, wie irgend möglich, um nicht zu sehr in die Hitze des Nachmittags zu geraten.
Bis zur Lagune von Venedig werden wir dem schönen Radweg entlang des Flusses Sile folgen.
Auf diesem Fluss wurden im Mittelalter die Waren auf Treidelbooten nach Treviso gebracht, die in Venedig aus aller Welt ankamen. Irgendwann haben diese Boote dann ihre Bedeutung verloren und wurden von den Eigentümern aufgegeben.
Am „Friedhof der Treidelboote“ verrotten alte Lastkähne nach und nach und liefern damit einen Blick zurück in die Vergangenheit. Wir passieren diese Stelle, an der der Radweg als Holzsteg über die Seitenarme der Sile geführt wird. Die Sonne knallt nun unbarmherzig vom Himmel herab.
Glücklicherweise verlaufen einige Teile des Radweges im Schatten der Bäume. Bis Quarto d’Altino kennen wir beide schon die Strecke, wir sind sie schon mit unserem Tandem gefahren; ich außerdem bei meiner MTB-Transalp München-Venedig, die über Mestre und die Ponte della Liberta in Venedig führt. Diesmal interessiert uns als Abschluss die Annäherung über die Landzunge von Jesolo und die Venedig vorgelagerte Insel Lido di Venezia. Deshalb bleiben wir in Quarto d’Altino auf dem Radweg entlang der Sile.
Nun gibt es keinen Schatten mehr.
In Portegrandi erreichen wir die Lagune von Venedig. Die Silhouette der Stadt schimmert im Meer durch den Sonnendunst.
Das härteste, weil heißeste Stück unserer Transalp liegt noch vor uns.
Wir bunkern noch einmal ordentlich Wasser und radeln auf dem Dammweg entlang der Lagune in Richtung Jesolo. Auf größere Pausen verzichten wir, bis wir Punta Sabbioni erreichen.
Als ich die Strecke vorab recherchiert hatte, gab es einen Streik (Sciopero) und ich kam nicht mit der Fähre hinüber nach Venedig. Ich musste damals zu meinem großen Verdruss umkehren und den ganzen Weg wieder zurückfahren. Diesmal hatte ich mich im Vorfeld informiert, ob wieder ein Streik anstünde. Zum Glück ist es nicht der Fall. Wir genießen die Überfahrt nach Lido di Venezia und erreichen am öffentlichen Strandbad das Mittelmeer. Unsere Transalp ist vollendet.
Das Bad im Meer fällt bei Badewannentemperatur eher minder erfrischend aus, aber egal, wir haben es geschafft.
Wir suchen und finden ein klimatisiertes Hotel, vertrödeln den heißen Nachmittag und fahren am Abend mit dem Wassertaxi, dem Vaporetto, hinüber nach Venedig. Die meisten Touristen fallen anscheinend tagsüber vom Festland aus ein. Es ist bei weitem nicht so überfüllt, wie wir es erwartet und befürchtet hatten. Wir durchstreifen die Gassen und kehren erst spät in der Nacht auf den Lido zurück, angefüllt mit den Eindrücken der vergangenen Woche.
Rückreise zum Monte Grappa
Wir haben am nächsten Morgen keine Hektik, da wir mit dem Zug nur bis Bassano del Grappa zurückfahren. Zunächst geht es vom Lido mit der Autofähre nach Tronchetto.
Mit einem Spritz stoßen wir noch einmal auf unsere schöne Transalp an.
Alles gut gegangen, nicht eine Panne, kein Regen!
Die Fahrt entlang des Canale Grande ist beeindruckend.
Vom Fährhafen auf Tronchetto können wir mit dem Tandem noch bis zur Piazzale Roma fahren. Zum Bahnhof Venezia Santa Lucia gelangt man von der Piazzale Roma nur schiebenderweise über die Fußgängerbrücke Ponte della Costituzione. Siehe dazu die Hinweise zum Radfahren in Venedig im Tourbericht der Transalp München – Venedig.
Mit einem durchgehenden Regionalzug fahren wir ab Venezia Santa Lucia entspannt und stressfrei bis nach Bassano del Grappa.
Wir sind zeitig am Bahnsteig, so dass wir in aller Ruhe unser Tandem im Radabteil verstauen können. Erstaunlicherweise sind wir fast die einzigen Radler, die diesen Zug benutzen, was wahrscheinlich an der Mittagszeit liegt. Nach gut anderthalb Stunden sind wir in Bassano del Grappa und radeln auf der uns nun bekannten Strecke nach Borso del Grappa zum Hotel „Garden Relais“, wo unser Auto steht. Ein Zimmer ist frei. Wir bleiben noch eine Nacht und feiern den erfolgreichen Abschluss unserer Transalp noch einmal ausgiebig.
- Radstrecke auf Lido di Venezia zur Autofähre nach Tronchetto: ca. 2,5 km
GPS-Track: 06c-Lido-di-Venezia-per-Rad.gpx - Autofähre von Lido di Venezia nach Tronchetto – Venedig
GPS-Track: 06d-Ferry-LidoVenezia-Tronchetto.gpx (informativ) - Radstrecke von Tronchetto zum Bahnhof Venedig: ca. 2,3 km
GPS-Track: 06e-Tronchetto-Venedig-Bhf-per-Rad.gpx
Variante: ab Quarto d’Altino über Mestre nach Venedig
Falls es einen Streik im öffentlichen Transportdienst geben sollte, hängt man unter Umständen am Punta Sabbioni fest und kommt nicht über Lido di Venezia ans Festland. In dem Fall gibt es ab Quarto d’Altino eine bewährte Ausweichvariante. Diese ist Teil der Mountainbike-Transalp von München nach Venedig (siehe meine MTB-Transalp München – Venedig). Der krönende Abschluss bei dieser Variante ist die Fahrt über die Ponte della Liberta, die Venedig mit dem Festland verbindet.
- GPS-Track: 06-var-Mestre.gpx
Hinweis zur Einfahrt von Mestre nach Venedig
Durch den Neubau einer Brücke zwischen Mestre und Marghera kommt es immer wieder zu Änderungen an der Einfahrtsroute, so dass der GPS-Track nicht immer exakt sein wird. Örtliche Hinweise beachten zur Radstrecke via Ponte della Liberta nach Venedig.
Derzeit ist außerdem eine Umleitung notwendig zwischen Campalto und Parco San Guiliano. Grund: Bau einer neuen Radwegbrücke über einen Wasserlauf. Man kann sich an der Stelle nicht vorbeischleichen.
GPS-Track: 06-Umleitung-Mestre-Baustelle-2022.gpx
Übernachtungstipps:
Am Lido di Venezia gibt es jede Menge an Hotels in allen Kategorien und Preislagen. Man sollte nur nicht Mitte August unterwegs sein. Für Venedig selbst möchte ich keine Empfehlung aussprechen.
Ansonsten waren wir oft in Malcontenta, abseits von Venedig und haben dort übernachtet:
- Hotel Palladio (mein Tipp: vorher online buchen, Busverbindung nach Venedig mit Haltestelle vor dem Hotel)
- 30175 Malcontenta, Via Malcontenta 40, Tel. 0039-041-698183
- www.hotelpalladio.it
Wer die Stadt und die Lagune ausgiebig erkunden will, für den empfiehlt sich eine Tages- oder Mehrtageskarte für den Nahverkehr in und um Venedig. Dafür gibt es verschiedene Angebote, aus denen man das passende auswählen kann.
Infos bekommt man auf diesen offiziellen Websites (auch in deutsch und englisch):
www.actv.it
www.veneziaunica.it
Fazit
Im Laufe der Recherchen zu dieser Transalp, die sich über sieben Jahre erstreckten, hat sich die Route etwas gewandelt. Durch die hochalpine Etappe über den Pass da Costainas ist es eher eine middle-easy Transalp geworden. Auch die Etappe vom Mendelpass ins Nonstal hat ein paar Höhen und Tiefen, die überwunden werden müssen. Allerdings machen die schönen Trails die Strapazen wohl wett. Spätestens ab Trento wird es im Hochsommer eher eine Hitzeschlacht, die mit einem Bad am Lido di Venezia kaum eine Abkühlung erfährt. Beste Reisezeit wird deshalb wohl der Juni oder September sein. Mit dieser „Easy“-Transalp schließt sich für uns der Kreis. Wir sind die Wege über die Alpen gefahren, die wir zusammen mit unserem Mountainbike-Tandem fahren wollten. An unsere Grenzen sind wir nicht gestoßen, mehr wollen wir uns aber nicht zumuten. Zusammen mit der Tandem-Transalp von Seefeld an den Gardasee und der Sissi-Route von München nach Verona ergeben sich vielfältige Kombinationsmöglichkeiten für Transalps der leichteren Art. So lässt sich zum Beispiel daraus eine Transalp von München nach Venedig zusammenstellen. Dazu ist jeder frei in seiner Entscheidung.
Impressionen Venedig
Die Lagunenstadt Venedig muss man zu Fuß und/oder Boot erkunden. Mit dem Fahrrad ist es nicht sinnvoll und inzwischen verboten, durch die engen Gassen zu streifen.
Rückreise
Mit der Bahn:
Empfehlenswert ist die Rückreise mit der Bahn. Für kleines Geld kann man in diversen Regionalzügen ohne Voranmeldung die Fahrräder mitnehmen. Die Kapazität der Radabteile ist allerdings recht unterschiedlich. Rechtzeitiges Erscheinen und vor allem direkt in Venedig am Bahnhof St. Lucia einsteigen und nicht auf dem Festland (z.B. in Mestre) sind gute Voraussetzungen für eine entspannte Rückreise. Problemlos lässt sich ein Zwischenaufenthalt in Verona einlegen, wenn man die Rückreise als Teil der Reise annimmt und nicht als lästiges Vehikel, um wieder in den „ungeliebten?“ Alltag einzutauchen.
Shuttle-Services:
Venedig ist ein häufig angefahrenes Ziel von Radlern aller Art. Es gibt diverse Anbieter, die organisierte oder geführte Touren im Programm haben. Einfach anfragen, ob sie euch mitnehmen, wenn das zeitlich passt. Google hilft bei der Detailrecherche weiter.
Ansonsten kann ich aus persönlicher Kenntnis und Erfahrung nur wärmstens empfehlen:
Alle deutschsprachig, extrem zuverlässig und flexibel.
Rückmeldungen
18.07.2015
Marco Dressler
1.Tag: Start Pontresina nach Scuol. Bestes Bike Wetter 25grad leicht bewölkt und warmer Wind. 80.km 750 hm. Ein geniales Bike Terrain.
2.Tag: Start in Scuol Richtung Glurns. Über scarl und den passo del costainas. 2251hm . Wetter genial 20-34grad insgesamt 1150hm bei 62km. Alle gut durchgehalten dank frischer kuhmilchdrinks auf 2200 meter.
3.Tag: Start Glurns bei genialen 22grad
Richtung Kaltern und dann Mendelpass. Seilbahn. Nach 73km. Abbruch und Busschuttle genutzt. Bei unglaublichen 42grad war es unausweichlich. Marco ist natürlich weitergefahren bis Kaltern. Speiche gebrochen. Aber Superservice Werkstatt 25min. Alles wieder heil. Auffahrt über Mendelpass zum Penegalhotel. EinTraum. Marco Bricht 3km vorm Pass ab nach 110km 1000hm bei vorgenannten Temperaturen waren Krämpfe und Überhitzung zu stark. Ein irrer Tag.
4.Tag: Start auf 1700 m mit Ziel lago de caldonazzo. Irre Anfahrt über Trails und Wanderwege zur Wallfahrts Kirche San Romerio. Danach kurze heftige auf und abs bis zur super Abfahrt nach Toss. Hier angekommen begann die Unglaubliche Hitzeschlacht durch Apfel-Weinplantagenwechsel bei bis zu 45Grad. Bei Lavis Abruch kurz vorm Hitzschlag. Letzten 20km. Bus Shuttle zum Lago und dann nichts wie rein. Nachtrag 52km und 450hm. Heute.
5.Ta:. Start Richtung Borso del Grappa entlang der Brenta. Superschön am Fluss mit vielen Bademöglichkeiten und Aussichten. Das ein oder andere Bade mussten wir wieder nehmen um dem Hitzetot zu entkommen.Heutig 46grad während der Fahrt. Nach 72km und 390 hm geschafft und nun ab in den Pool. Spa Hotel Garden Relais. B.d.Grappa.
6.Tag: Heute bin ich die Etappe allein gefahren. 76km 300 hm . 18km in erbarmungsloser Hitze am „Havellandkanal“ danach 25 km schnurgerade auf Stillgelegter Bahnstrecke unterm Blätterdach bei gewohnten 40Grad. 3,5std. Und geschafft. Außer Asolo Besichtigung leider nichts Sehenswertes. Treviso hingegen ist eine zauberhafte Stadt
7.Tag: letzte Etappe von Treviso nach Venedig. Entlang des Sile Flusses in unendlich folgenden Kurven und Tausenden Enten kam am Flughafen von Venedig endlich am Horizont die Lagunenstadt ins Blickfeld. Bei wiederum 40 Grad und literweise eiskalte Coke. Erreichten wir unser lang ersehntes Ziel. Venedig nach nocheinmal 70km und 150hm
Ich bin so stolz auf meine kleine Familie so etwas geschafft zu haben
Gesamtleistung 537 km bei 4640 hm
Kleine Anmerkung. Außer einer rechts-linksverwechslung bei der Wegbeschreibung, ein super Reiseführer mit Navigationsdaten genial. Erspart viel suchen und schafft Zeit um sich die geniale Landschaft anzuschauen.
Danke und lg. Fam. Dressler aus Gotha