Inhaltsverzeichnis
Mit dem Tandem über den Reschenpass an den Gardasee
Die Alpen mit dem Fahrrad zu überqueren ist sicher eine der eindrucksvollsten Möglichkeiten, eine Radreise zu unternehmen. In kurzen Abständen wechseln Lebensräume, Landschaften und Kulturkreise. Hat man den Alpenhauptkamm in südlicher Richtung hinter sich gelassen, umfängt einen meist mediterranes Klima, die Sonne wärmt die Haut und die Luft erscheint irgendwie weicher.
Wege über die Alpen gibt es viele, mit dem Mountainbike habe ich schon einige befahren. Das waren eindrucksvolle Touren in hochalpinem Gelände, die mich in einsame, abgelegene Bergtäler wie z.B. das Val di Rezzalo bei Bormio geführt haben. Nur schade, dass ich diese Eindrücke nicht mit meiner Frau teilen konnte, weil für sie die Strapazen einer Rucksacktour auf Schotterpisten kein erstrebenswertes Ziel darstellen. Deshalb kreiselte in mir schon lange der Plan, eine Route zu finden, die wir gemeinsam fahren könnten. Am besten mit unserem Mountainbike Tandem, denn damit würden erstens Leistungsunterschiede am einfachsten auszugleichen sein und zweitens würde das Gefühl, es gemeinsam geschafft zu haben, am stärksten sein. Die Etappen sollten nicht zu lang ausfallen, damit noch Zeit zum Erholen und Besichtigungen bliebe. Schnell war mir klar, dass der Weg über den Reschenpass führen müsste, wenn die Tour am Gardasee enden sollte, dem Traumziel und klassischen Endpunkt fast aller meiner Transalps.
Der Start sollte in Seefeld in Tirol erfolgen, damit wir die vorhandenen Radwege der Via Claudia im Inntal und an der Etsch nutzen konnten, denn das war eine Bedingung von Simi: „Kaum Schotterpisten, wenig Autoverkehr!“ Also radelte ich die Strecke während einiger schöner Spätsommertage ab. Danach war mir klar, wie eine optimale Etappengestaltung für uns aussieht.
Ebenfalls geeignet zur Befahrung mit Trekking- und eBikes!
Strecke
Seefeld – Imst – Landeck – Reschenpass – Meran – Kaltern – Trento – Gardasee
Länge: ca. 340 km
Höhenmeter: ca. 2500 hm
Etappen: 6
Beste Reisezeit: April bis Oktober. Im Vorfeld und unterwegs heißt es, sich rechtzeitig zu erkundigen und immer die aktuelle Wettersituation im Auge zu behalten.
Übersichtskarte
schwarz: Hauptroute (siehe auch die Detailkarten bei den einzelnen Etappen)
Höhenprofil
Wegeverteilung
Übersicht der Etappen
1. Tag: 63,6 km, 444 hm
Seefeld – Mösern – Telfs – Innradweg – Imst – Landeck
2. Tag: 59,2 km, 1212 hm
Landeck – Ried – Pfunds – Martina (CH) – Norbertshöhe – Nauders – Reschen
alternativ: mit Postbus nach Nauders (Fahrradmitnahme zwischen Landeck und Pfunds möglich)
Nauders – Reschen: 7,5 km, 163 hm
3. Tag: 51,1 km, 245 hm
Reschen – Reschensee – Glurns – Göflan – Latsch
4. Tag: 28,3 km, 71 hm
Latsch – Kastelbell – Tschars – Naturns – Töll – Algund – Forst – Meran
5. Tag: 62,4 km, 259 hm
Meran – Burgstall – Frangart – Eppan – St. Michael – Kaltern – Kalterer See – Neumarkt – Salurn
6. Tag: 74,5 km, 336 hm
Salurn – Lavis – Trento – Rovereto – Mori – Loppio – Passo San Giovanni – Nago – Torbole
Nachfahren der Tour
Wenn ihr die Tour individuell nachfahren wollt, ist folgendes verfügbar: im Webshop
- GPS-Tracks
- Kartenscans
- Finisher Bikeshirt
- Transalp Roadbook 6 – im Buchhandel oder versandkostenfrei direkt beim Verlag
Landkarten
Kompass: Digitale Karte Über die Alpen, 5, 35, 42, 52, 53, 54, 74, 75, 101,
Übersichtskarte: Kompass – Straßenkarte 358; Tirol – Trentino: ISBN: 3-85491-853-4
Tourplanung: Andreas Albrecht
gefahren von: Andreas Albrecht, Simi, Tino, Antje, Alke, Ralle, Röhli, Maren, Christian, Bärbel – Begleitfahrzeug: Robert Leinhoß
Bilder
Die Bilder stammen im wesentlichen von der Originalbefahrung, sparsam ergänzt mit Bildern von einzelnen Streckenabschnitte. Wenn nicht anders angegeben, unterliegen sie meinem Copyright. Ansonsten ist der Bildautor genannt. Die Bildrechte liegen in diesen Fällen beim Autor, der mir das Recht zur Veröffentlichung erteilt hat.
Prolog
Jeder Mann kann eine Frau dorthin bringen, wo sie ihn haben will.
Dustin Hoffman (*1937)
Als ich dann die Planungen für diese Tour abgeschlossen hatte, wurde aus dem Projekt ein festes Vorhaben, für das wir uns mehr und mehr begeisterten. Als wir im Freundeskreis darüber sprachen, kam zu unserer Überraschung sofort Interesse auf mitzufahren. Bald waren es ein gutes Dutzend Leute mit unterschiedlichsten Leistungsvoraussetzungen, die zusammen die Alpen mit dem Fahrrad überqueren wollten. Das machte die Planung für mich noch interessanter, aber nicht unbedingt einfacher. Die Überquerung des Alpenhauptkammes sollte auf einfachen Wege möglich sein für die, die es sich nicht mit dem Rad zutrauten oder die im Vorfeld nicht genug trainieren konnten. Für dieses Problem gibt es eine einfache und bequeme Lösung: mit dem Bus von Landeck nach Nauders und dann entspannt auf dem Radweg über den Reschenpass. In einer sonnendurchfluteten Woche Ende Juli ging für uns der Traum in Erfüllung – gemeinsam auf unserem Tandem und mit unseren Freunden über die Alpen zum Gardasee zu radeln. Sechs Tage lang mit durchschnittlich 60 Kilometer pro Tag dauerte dieses Vergnügen an.
Anreise
Der bekannte Wintersportort Seefeld eignet sich ausgezeichnet als Startort für diese einfache Alpentour. Gut mit dem Auto oder per Bahn zu erreichen, weist er eine Vielzahl von Hotels auf, so dass man entspannt am Vortag anreisen kann. In aller Ruhe kann man die Ausrüstung und Fahrräder ein letztes Mal checken, um sich dann am anderen Morgen in den Sattel zu schwingen. Wir reisen im Laufe des Tages an und genießen den Sommertag im Olympiabad.
Facetten einer Transalp
Egal wie, am Ende der Tour wartet ein Traumziel.
Klappentext Transalp Roadbook 6
Transalp ist Lebensgefühl in seiner besten Art, sagt Andreas Albrecht. Dabei braucht man für so manche reizvolle Route weder jahrelange Bikeerfahrungen noch hochalpine Kenntnisse. Da kommen Albis Einsteiger-Touren über die Alpen gerade recht, zu denen man einfach mal so auch mit dem Trekkingbike aufbrechen kann. Der Weg von Seefeld an den Gardasee ist wie immer sorgfältig recherchiert und sauber dokumentiert. Außerdem enthält dieses Roadbook eine Mini-Transalp – in vier Tagen vom Brenner nach Verona mit einem Traumfinale: George Bizets Oper „Carmen“, aufgeführt in der altehrwürdigen Arena von Verona.
Das Buch enthält Höhenprofile, Übersichtskarten und detaillierte Roadbooks in Tabellenform mit allen wichtigen Informationen zur Strecke.
Ebenfalls erhältlich als eBook – mehr Info hier
1. Tag: Seefeld – Landeck
Strecke: 63,6 km, 444 hm
Seefeld – Mösern – Telfs – Innradweg – Imst – Landeck
- 20 %: Straße
- 78 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 2 %: Feldweg, Schotter
- 0%: Trail, Pfad
- GPS-Track: 1-Tandem.gpx
- auf Nebenstraße bis Mösern (ca. 60 Höhenmeter)
- dann rasante Abfahrt ins Inntal bis Telfs
- hier Wechsel auf Inntal-Radweg, der bis Landeck führt
- Rast z.B. bei ca. 35 km am Römerbadl
- Übernachtung mit Halbpension – Hotel Mozart
Übersichtskarte
Mit einem Tandem und acht Fahrrädern starten wir an einem klaren Sommertag; die meisten mit einer leisen Ungewissheit, ob sie es schaffen würden, ich mit der festen Sicherheit, dass wir es gemeinsam schaffen werden. Ein paar Kilometer zum Einrollen, ein kurzer Anstieg und dann eine lange Abfahrt ins Inntal nach Telfs, wo wir auf den Radweg wechseln.
Diese Abfahrt sollte die einzige Passage bleiben, auf der wir in dieser Woche eine Windjacke anziehen mussten. Ansonsten würde uns an allen Tagen warmes, sonniges Wetter begleiten, nur durch Gewittergüsse in einigen Nächten unterbrochen, die die Fahrten am Vormittag zum erfrischenden Vergnügen machen sollten.
Schnell finden wir auf dem bestens ausgeschilderten Inn-Radweg unseren Rhythmus.
Gemeinsam radelt es sich ohne längere Anstiege entspannt dahin. Wer will, nutzt den Windschatten des Vordermanns. Bald ist die erste Raststelle erreicht. Am Römerbadl kann man klares Quellwasser trinken und in der Kneipp-Anlage die Beine erfrischen.
Gleichzeitig beobachten wir eine Vielzahl von Schlauchbooten, die zum Rafting auf dem Inn unterwegs sind. Wie der Zufall so spielt, fallen exakt vor unseren Augen ein paar Insassen aus dem Boot, was ein großes Gekreische zur Folge hat. Aber keine Panik, alle haben Schwimmwesten an. Der Rafting-Guide hat die Sache sofort im Griff und die nassen Hühner werden zurück ins Boot gehievt.
Nach dieser Rast fahren wir ein paar Dutzend Meter zurück, um den Inn über den Innsteg zu überqueren.
Im weiteren Verlauf führt uns der Radweg dann an der Einstiegsstelle bei Imst vorbei. Es ist Sonntag und eine Schlauchbootmannschaft nach der anderen schleppt die Boote zum Ufer und macht sich auf den Weg. Wir auch, auf dem Radweg fahren wir bis Landeck.
Dort kommen wir am frühen Nachmittag an und beziehen Quartier in meinem Stammhotel „Mozart“. Im Schwimmbad und auf der Liegewiese bleibt uns ausreichend Zeit zum Entspannen, bis der erste Tag mit dem gemeinsamen Essen auf der Terrasse ausklingt – voller Erwartung und Vorfreude auf den nächsten Tag.
Übernachtungstipp
- Hotel Mozart: Nähe Bahnhof, Superkomfort, Schwimmbad, super Essen, Telefon: 0043/5442/64 222, abschließbare Radgarage, Reinigungsgerät, Werkstatt und Trockenraum …….. sicher, sauber
2. Tag: Königsetappe über den Reschenpass
Strecke: 59,2 km, 1212 hm
Landeck – Ried – Pfunds – Martina (CH) – Norbertshöhe – Nauders – Reschen
alternativ: mit Bus nach Nauders (Fahrradmitnahme zwischen Landeck und Nauders im Rahmen der Platzkapazität möglich)
Nauders – Reschen: 7,5 km, 163 hm
- 26 %: Straße
- 63 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 11 %: Feldweg, Schotter
- 0 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 2-Tandem.gpx
- Inntalradweg über Ried, Tösens nach Pfunds
- wer komplett mit dem Rad fahren will, weiter über die Schweiz nach Martina, hier links ab über die wenig befahrene Nebenstraße via Norbertshöhe (1405 m) nach Nauders und weiter bis Reschen
- Alternative: mit Bus nach Nauders, Zusteigen im Rahmen der Platzkapazität auf der gesamten Strecke zwischen Landeck und Pfunds möglich
- Übernachtung in Reschen
Übersichtskarte
Am frühen Morgen strahlt die Sonne vom blauen Himmel herab. Nach dem Regenguss in der Nacht ist es jedoch angenehm frisch zum Einrollen auf der Via Claudia in Richtung Pfunds. Auf dem Tandem hat heute Tino den Platz seiner Mutter eingenommen. Für sie wären die ca. eintausend Höhenmeter etwas zu viel, die heute bei der Überquerung des Alpenhauptkamms auf uns warten. Maren, Antje und Bärbel geht es ähnlich und sie nehmen den Postbus, der mehrmals täglich von Landeck nach Nauders fährt und Fahrräder mitnimmt.
Sie genießen die stressfreie Fahrt bis Nauders. Gestärkt mit einem leckeren Cappuccino nehmen sie die restlichen acht Kilometer bis Reschen, dem zweiten Etappenort, in Angriff. So überwinden sie den mit 1518 Metern höchsten Punkt dieser Tour – den Reschenpass – aus eigener Kraft. Ein gutes Gefühl. Wir anderen radeln in gemächlichem Tempo auf dem Inn-Radweg los. Mit ein paar kleinen Anstiegen gewürzt, verläuft er zu großen Teilen auf dem alten Römerweg, der Via Claudia. Ab Prutz wollen wir auf derselben Inn-Seite bleiben, weil hier ein passabler Weg idyllisch durch die Flussaue führt.
Kurz hinter Tösens überqueren wir den Inn. Wieder ist etwas zu sehen.
In Pfunds machen wir am Supermarkt M-Preis Mittagsrast. Frisch gestärkt greifen Alke und Ralle, die beiden Christians und das Tandemteam nun den Reschenpass an. Allerdings nicht auf der Hauptstrecke mit seinen vielen Tunnels und dem meist starken Autoverkehr. Diese ist inzwischen sowieso für Radfahrer gesperrt. Die Strecke führt über die Norbertshöhe, die man von Martina aus in Richtung Nauders erklimmt. Das bringt zwar ein paar zusätzliche Kilo- und Höhenmeter mit sich, hat aber den entscheidenden Vorteil, dass man kaum mit Autoverkehr konfrontiert wird. Zudem wird dadurch die heutige Etappe eine Drei-Länder-Tour: Österreich, Schweiz, Italien.
An der Schweizer Grenzstation in Martina werden wir Radler von den Zöllnern nicht kontrolliert, die Autofahrer manchmal schon.
Wir passieren die Brücke über den Inn, halten kurz an und bereiten uns auf die längste zusammenhängende Auffahrt dieser Transalp vor – gut 400 Höhenmeter und mit einer moderaten Steigung auf einer Länge von ca. sechs Kilometern. Ich kenne die Strecke und weiß, wie ich mir die Kräfte einteilen werde. Den anderen rate ich, nicht zu schnell zu beginnen: kleine Gänge einlegen und konsequent im eigenen Rhythmus fahren. Alke und Ralle legen ein solides Tempo vor, ich lasse es mit Tino auf dem Tandem langsam angehen. Rennradler sind heute eine Menge unterwegs, die meisten ziehen ohne Gruß vorbei. Lass‘ sie nur, denke ich mir, unsere Stunde kommt noch. Nach einer Serpentine folgt ein längeres, etwas flacheres Stück, wie ich weiß. Hier beschleunigen wir locker und überholen mühelos ein paar Rennradler, deren Tritt schon merklich schwerer geworden ist.
In kurzen Abständen trifft unsere Gruppe schließlich an der Norbertshöhe ein. Eine kleine Verschnaufpause und es folgt eine kleine Abfahrt nach Nauders.
Hier beginnt der letzte Teil des heutigen Weges über den Reschenpass. Komplett auf einem schönen Radweg geht es auf durch die Wiesen in Richtung italienische Grenze.
In Windeseile sind wir an der Grenze.
Weiter geht’s bis zum höchsten Punkt, wo uns die Frauen schon mit La Ola und Prosecco erwarten. Für uns alle ein tolles Gefühl. Bis zum Hotel in Reschen sind es nur noch wenige hundert Meter.
Wir sind zufrieden und glücklich; ich weiß, dass wir alle den Rest der Strecke bis zum Gardasee gemeinsam schaffen werden. Das ist doch am Abend eine kleine Feier am See wert.
Übernachtungstipp
- Hotel Schwarzer Adler, I-39027 Reschen, Altdorfstr. 1, Tel: 0039-0473-633110, www.adler-reschen.it
3. Tag: Reschensee – Vinschgau
Strecke: 51,1 km, 245 hm
Reschen – Reschensee – Glurns – Göflan – Latsch
- 2 %: Straße
- 83 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 15 %: Feldweg, Schotter
- 0 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 3-Tandem.gpx
- Radweg am Reschensee entlang, weiter ins Vinschgau komplett auf Etsch-Radweg
- teils steile Abfahrt bis Glurns – schönes mittelalterliches Stadtensemble, hier Kaffeerast
- weiter an der Etsch entlang über Prad bis Latsch
- Übernachtung mit Halbpension: Latsch – Hotel Vermoi
Übersichtskarte
Nach einem Frühstück, das keine Wünsche offen lässt, radelt es sich auf der brettebenen Strecke leicht am See entlang. Heute ragt als Mahnmal für das in den Fluten versunkene alte Dorf nur noch der Kirchturm vom alten Graun aus dem Wasser – ein bekanntes und beliebtes Fotomotiv.
Wir folgen weiter dem gut beschilderten Radweg.
Steil geht es nach dem Haider-See auf schmaler Asphaltpiste hinab.
Wir passieren kleine Weiler vorbei und fahren durch malerische Dörfer.
In Glurns machen wir Rast. Das kleine Städtchen konnte über die Jahrhunderte seinen mittelalterlichen Charakter komplett bewahren, verwinkelte Gässchen mit Laubengängen und als Krönung des Ganzen umschlossen von einer vollständig erhaltenen Stadtmauer. Mit dem Rad kann man sie in zehn Minuten einmal umfahren, wenn man sich dabei Zeit lässt.
Nach der Pause ist entspanntes Rollen angesagt.
Es geht fast nur noch bergab durch Apfel- und Weinplantagen, das weite Tal umrahmt von den umliegenden Dreitausendern. Bei Prad öffnet sich der Blick in Richtung Stilfser Joch. Bei der klaren Sicht ist das Gletscherskigebiet deutlich zu erkennen.
In der Nähe von Schlanders führt der Radweg auf ein paar Kilometern durch eine kleine Schlucht. Im Schatten der Bäume lockt ein Rastplatz mit Wasserstelle und den hier häufig anzutreffenden Grillplätzen. Wir haben keine Eile, halten an, füllen unsere Wasservorräte auf und inspizieren die Umgebung. Über die Böschung hinunter kann man zum Fluss gelangen, der hier munter über große Steine gurgelt. Ein paar von uns klettern hinunter, balancieren zu den Steinen und lassen die Beine ins kühle Wasser baumeln – die Seele tut das Gleiche.
Ralle albert mit dem Wasserschlauch herum; ein dicker Strahl ist das. Alke schmückt sich die Zehen mit Blümchen, die sie auf der Wiese pflückt. Schöner könnte es nicht sein.
Nur ungern trennen wir uns vom Frieden dieses Ortes und radeln gemächlich weiter.
Schnell ist in der Sommerhitze Latsch erreicht, unser nächster Etappenort. Wir checken im Hotel Vermoi ein. Ich muss mich erst einmal im Schwimmbecken abkühlen. Robert kann endlich mit seinem Rad und gemeinsam mit seiner Mutter Antje eine kleine Radtour machen. Bärbel und Christian fahren mit der Seilbahn hinauf nach St. Martin und spazieren auf dem Panoramaweg zum Dolomitenblick.
Das abendliche Beisammensein klingt aus mit dem atemberaubenden Blick vom Balkon eines unserer Zimmer. In der Gegend des Stilfser Jochs braut sich ein Gewitter zusammen. Es wetterleuchtet und wir sehen, wie die Wolken auf uns zu kommen. Schließlich erreicht uns in der einsetzenden Nacht die Wetterfront mit Blitz, Donner und einem Platzregen, den wir vergnügt von drinnen beobachten.
Übernachtungstipp
- Hotel Vermoi, Reichstraße 4 / I – 39021 Latsch, Tel.: 0039-0473-623217 www.hotelvermoi.com
4. Tag: Meran – Die Perle Südtirols
Strecke: 28,3 km, 71 hm
Latsch – Kastelbell – Tschars – Naturns – Töll – Algund – Forst – Meran
- 1 %: Straße
- 99 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 0 %: Feldweg, Schotter
- 0 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 4-Tandem.gpx
- kurze Etappe auf Radweg bis Meran
- Ankunft gegen Mittag, danach ausreichend Zeit zum Stadtbummel etc.
- Meran – Hotel Flora (Whirlpool, Schwimmbad, Liegewiese, an Passerpromenade, Zentrum zu Fuß in 5 min zu erreichen)
- kein Abendessen im Hotel
Übersichtskarte
Am Morgen ist die Luft frisch und klar und der Himmel strahlend blau – so soll es sein.
Die heutige Etappe habe ich bewusst kurz gehalten. Gut dreißig Kilometer sind es nur bis Meran. Jeder soll genug Zeit haben, um die wunderschöne Kurstadt an den Ufern der Passer oder ihre Umgebung zu erkunden. Alke und Ralle nutzen die Gelegenheit und fahren ein paar hundert Extrahöhenmeter. Ein Ausflug zur Burg Juval lockt.
Zum weithin bekannten Domizil von Reinhold Messner kann man nicht mit dem Auto fahren. In vielen Serpentinen windet sich ein Privatsträßchen nach oben. Wir können die beiden vom Radweg aus gut beobachten. Zügig schrauben sie sich Kurve um Kurve nach oben, bis sie aus unserem Blickfeld entschwinden.
Wir rollen weiter an der Etsch entlang. Plötzlich weitet sich der Talgrund und Meran liegt zu unseren Füßen.
Diesen Moment stillen Glücks sollte man genießen, später kann man ihn begießen. Der Biergarten der Forst-Brauerei kommt uns dazu gerade recht. Über eine schmale, überdachte Holzbrücke lässt er sich vom Radweg aus direkt erreichen.
Im Schatten der uralten Bäume kosten wir alle Sorten Forst-Bier, die angeboten werden. Eine über 150-jährige Tradition weist die Brauerei auf, im Jahre 2007 war das Jubiläum. Schade, dass es das Bier bis jetzt nur in Südtirol und Italien zu kaufen gibt; es hätte sicher gute Chancen auf dem deutschen Biermarkt.
Durch unsere Pause gelingt es Alke und Ralle locker, noch vor uns im Hotel einzutreffen. Wir kommen zeitig an, gegen Mittag.
Das Hotel „Flora“ ist ein Traum – direkt an der Passer gelegen ist die Innenstadt und die Kurpromenade zu Fuß in kürzester Zeit zu erreichen. Trotzdem liegt es ruhig im Schatten riesiger Laubbäume. Auf dem Dach ist ein Whirlpool, von dem aus man die umliegenden Berge im Blick hat. Im Garten gibt es einen Swimmingpool, die Abkühlung ist hochwillkommen.
Röhli und Maren nutzen die Zeit für einen Radausflug in die umliegenden Berge. Sie nimmt das Fahrrad in der Seilbahn mit, er kämpft sich eine extreme Steigung in glühender Hitze hoch. Für andere ist Extrem-Shopping angesagt. In der Laubengasse und den umliegenden Straßen gibt es eine Vielzahl von Geschäften und Boutiquen. Sie bieten für jeden Geschmack und jeden Geldbeutel etwas an und werden zu jeder Jahreszeit frequentiert. Auf der Kurpromenade ist eine Bühne aufgebaut. Am Abend soll eine Band spielen. Der allabendliche Gewitterguss verhindert den geplanten Besuch. Unsere Ersatzparty findet im Saale statt.
Übernachtungstipps
- Hotel FLORA – XXX-Aprilstr. 2, I-39012 Meran (BZ), Tel. 0039-0473-448335 www.merano-flora.it
- Gästehaus Rieder: Verdistraße 54, Tel.: 0039-0473-446107 www.haus-rieder.com
5. Tag: Südtiroler Unterland
Strecke: 62,4 km, 259 hm
Meran – Burgstall – Frangart – Eppan – St. Michael – Kaltern – Kalterer See – Neumarkt – Salurn
- 10 %: Straße
- 90 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 0 %: Feldweg, Schotter
- 0 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 5-Tandem.gpx
- Radweg bis kurz vor Bozen, dann über Kaltern zum Kalterer See, Badestopp
- entspannt weiter über Neumarkt, schöner alter Stadtkern mit Laubengängen bis Grenze Südtirol/Trentino
Übersichtskarte
Das Gefühl der Ungewissheit vor dieser Transalp ist bei uns allen verflogen. Morgen werden wir den Gardasee erreichen. Heute werden wir bis ans Ende Südtirols gelangen. Verwinkelt beginnt sich der Radweg unweit unseres Hotels aus der Stadt hinaus in die Ebene zu schlängeln. Bei Burgstall erreichen wir den neuen, parallel zur Bahnlinie verlaufenden Radweg. Bis in die Nähe von Bozen rollt es sich extrem leicht. Der leichte Rückenwind tut ein Übriges, damit wir schnell vorankommen. Bei Frangart gabelt sich die Radroute. Auf der alten Bahntrasse kann man entweder links in Richtung Bozen oder nach rechts in Richtung Kaltern fahren. Wir entscheiden uns für die zweite Variante.
In mäßiger Steigung geht es bergauf durch Weinberge und zwei Tunnels. Kurz vor Eppan kommt uns ein schattiger Rastplatz gerade recht, dass unsere Gruppe wieder zusammenfindet. Weiter geht es im Pulk bis Kaltern, das mit seiner malerischen Kulisse zu erneuter Rast einlädt.
Hinter der Kirche hatte ich bei meiner Recherchetour eine Stelle mit schönem Blick auf den Kalterer See „entdeckt“. Die Kirche selbst strahlt alterwürdige Bodenständigkeit aus.
Durch die Weinberge finden wir den Weg zum See.
Zugegeben, dessen ausgeprägt touristisches Ambiente wird wohl nicht Jedermanns Sache sein, wir aber haben keine Eile, rasten erneut und vertreiben uns die Zeit mit Tretbootfahren. Ob das lauwarme Wasser genug Abkühlung bringt, muss jeder für sich entscheiden.
Die restlichen Kilometer haben es in sich. Der Radweg verläuft ab Auer zwar vollkommen flach, aber die schwüle Hitze verträgt nicht jeder so gut wie ich und Schatten ist weit und breit nicht zu finden.
Wir ziehen deshalb so gut es geht durch bis Salurn. Im Garten des Hotels gibt es wieder einen Swimmingpool und Schatten, in dem wir bis zum Abendessen abhängen. Der Gewitterguss in der Nacht bringt ein wenig Abkühlung.
Übernachtungstipps
- Salurn: Comfort Hotel Erica – Nationalstraße 20, I-39040 Salurn/Salorno(BZ) Tel. 0039-0471-883145, www.comforthotelerica.it
- Neumarkt: Hotel Andreas Hofer, Straße der Alten Gründungen 21-23, Tel. 0039-0471-812653 www.hotelandreashofer.com
- Neumarkt: Gasthof Post, Rathausring 29, Tel. 0039-0471-813141 www.gasthofzurpost.it
- Kurtinig: Kurtiniger Hof, Weinstraße 7, Telefon: 0039-0471-817142 www.kurtinigerhof.it
6. Tag: Und ewig lockt der Gardasee
Strecke: 74,5 km, 336 hm
Salurn – Lavis – Trento – Rovereto – Mori – Loppio – Passo San Giovanni – Nago – Torbole
- 3 %: Straße
- 97 %: Radweg, Teer, Nebenstraße mit wenig Verkehr
- 0 %: Feldweg, Schotter
- 0 %: Trail, Pfad
- GPS-Track: 6-Tandem.gpx
- entspanntes Rollen auf Radweg bis zum Gardasee, etwas längere Etappe als sonst, aber kaum noch Höhenmeter
- erster Cappuccino in Trento
- Wer erblickt in Nago zuerst den Lago?
- Ankunft in Torbole am Strandcafe mit Lago Taufe
- wer will, kann noch ein paar Tage zum Relaxen dranhängen, und das hat meine Familie dann getan
Übersichtskarte
So, jetzt wird nichts mehr schief gehen. Doch vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt. Und der fließt heute reichlich. Nach wenigen Kilometern verlassen wir Südtirol und erreichen das Trentino. Der Wind schiebt wieder leicht von hinten, so dass wir gut vorankommen.
Ein platter Reifen an Alkes Fahrrad kommt uns hier gerade recht, um in der Nähe von Rovereto einen Zwischenstopp einzulegen.
Christian und ich radeln derweil zum Bahnhof, um nachzusehen, ob das geparkte Autos noch dort stehen. Christina ist zufrieden gestellt, als er sein Auto wohlbehalten wiedersieht. Also zügig zurück zur Gruppe und die letzten paar Kilometer in Angriff genommen.
Die letzten paar Kilometer werden wir noch schaffen.
Durch Mori windet sich der Radweg wie ein Wurm.
Am höchsten Punkt ist eine Wasserstelle und Schatten. Den nutzen wir zur letzten Pause vor dem Lago. Eine letzte Steigung am Passo San Giovanni, dem niedrigsten Pass der Alpen…
…und dann erblicken wir in Nago das Ziel unserer Träume – den Gardasee.
Rund 350 Kilometer, zurückgelegt in sechs Tagen, liegen hinter uns. Am Strandcafe in Torbole, dem klassischen Endpunkt meiner Transalps, ist der Zieleinlauf.
Wir freuen uns alle, wohlbehalten und ohne Blessuren angekommen zu sein.
Übernachtungstipps
- Villa Stella: Via Strada Granda, 104 – 38069 Torbole Tel + 39 0464 505354, www.villastella.it
- Aktivhotel Santalucia Via Santa Lucia 6, (Gps Via Pontalti), I-38069 TORBOLE SUL GARDA (TN), Tel.: 0039-0464-505140, www.aktivhotel.it
- Hotel Centrale – 38069 Torbole sul Garda (TN), Piazza V. Veneto 12, Tel 0039 0464 505234 – www.hotelcentraletorbole.it
- Tonelli-Hotels in Riva und Nago: www.tonellihotels.com
Fazit
Auch diese Transalp von Seefeld über den Reschenpass an den Gardasee hat ihren Namen verdient und ist eine runde Sache. Sicher ist sie für diejenigen, die sonst mit dem Mountainbike und dem Rucksack auf dem Rücken auf Schotterpisten die Alpen bezwingen, keine sonderlich große sportliche Herausforderung. Aber diese Route bietet eben die Möglichkeit, den Traum von einer Transalp gemeinsam mit seiner Partnerin/seinem Partner zu erleben, die die extremen körperlichen Anstrengungen einer MTB-Transalp nicht auf sich nehmen können oder wollen. Ob so oder so, das Ziel zählt – den Lago aus eigener Kraft und gemeinsam erreichen. Logistisch gibt es auf der Strecke keinerlei Probleme. Sollte das zum Beispiel das Wetter nicht mitspielen: überall verläuft parallel eine Bus- oder Bahnlinie, so dass man Strecken überbrücken kann. Die Radwege sind gut ausgeschildert und zur Sicherheit gibt es ja GPS-Tracks und Kartenscans. Wenn man dann noch ein paar Tage zum Relaxen am Gardasee dranhängen kann, ist das Glück vollkommen.
Rückreise
Je nachdem, wie sich die individuelle zeitliche Planung gestaltet, kann man das verschieden regeln. Nimmt man sich etwas Zeit für die Rückfahrt, kann man das bequem mit Zug und Bike erledigen. Zum Beispiel könnte man mit dem Rad bis Rovereto fahren. Danach ginge es mit der Regionalbahn weiter zum Brenner. Den Weg nach Innsbruck kann man per Bike oder Zug erledigen. Vom Innsbrucker Bahnhof fahren Züge nach Seefeld.
Wie das funktioniert, wird hier von mir detailliert beschrieben:
Transalp Albrecht-Route – Rückreise
Die andere Möglichkeit ist, das per Shuttle zu erledigen.
Shuttle-Services
Ich kann ich aus persönlicher Kenntnis und Erfahrung empfehlen:
Folgende deutschsprachige Anbieter organisieren einen Rücktransport vom Gardasee und auf Anfrage teilweise einen individuellen Gepäcktransport auf der Strecke:
- www.bikeshuttle.it: mit Sitz in Mals am Reschenpass – Tel: 0039-320-3114552
- www.bikeshuttle.at: mit Sitz in Nauders am Reschenpass, TRANSALP-HOTLINE: 0043-664-1217050
Ein besonders toller Service wird hier angeboten.
PKW-Überführung vom Start- zum Zielort: www.transalp-shuttle.com Tel: 0043-676-6877008
Das klappt bestens, wie ich selber mehrfach erleben durfte. Rechtzeitige Anmeldung ist sinnvoll. Sie sind in der Sommersaison schnell ausgebucht.
Außerdem gibt es direkt vor Ort in Torbole noch folgenden Anbieter:
- Shuttle Express Andre Conti (spricht sehr gut deutsch) – Kleinbus für 8 Personen mit Klimaanlage, auch Transalpshuttle:
Sitz: Torbole sul Garda – Tel.: +39 329 1635392